Hyggeliges Kopenhagen – das Lebensglück wohnt in Dänemark

Es ist neun Uhr morgens, hinter mir liegt der København H (Kopenhagens Hauptbahnhof) und vor mir der Vergnügungpark Tivoli, der immerhin als zweitältester der Welt gilt. Erst einmal das hiesige Lebensgefühl inhalieren, lautet mein Motto, während ich in die Sonne blinzle. Schließlich befinde ich mich gerade in einem derjenigen Länder, die im World Happiness Report permanent im Spitzenfeld liegen. Zur Info: Dieser Bericht der UN beschäftigt sich jährlich mit der Frage, wie glücklich (bzw. unglücklich) die Länder dieser Erde sind und wurde heuer zum 5. Mal durchgeführt. Mehrmals belegte Dänemark dabei Platz 1, wurde im aktuellen Report von 2017 allerdings von Norwegen von der Spitze abgelöst.

„Hyggelig“ soll es hier sein, so viel weiß ich. Doch was bedeutet dieses Lebensgefühl? Ich kenne nur die vage Übersetzung, denn bei diesem Begriff handelt es sich um eine Wortschöpfung der Dänen, die nicht exakt ins Deutsche transferiert werden kann. Hyggelig steht jedoch für Gemütlichkeit, Geselligkeit und Geborgenheit. Ich stelle mir das so vor: Wenn man am Freitagabend mit guten Freunden in der Küche sitzt und bei leckerem Essen und Wein die Woche bis in die frühen Morgenstunden ausklingen lässt. Die besten Partys finden ja bekanntlich in der Küche statt, egal, wie klein diese sind. Oder wenn es draußen grau und regnerisch ist und man drinnen auf der Couch mit Tee und guter Lektüre verweilt und eben nicht raus muss. So müsste sich hyggelig anfühlen.

Christiania: Hippie-Denken und ein Hauch Kapitalismus in eigenartiger Symbiose

Ich stehe immer noch vor dem Bahnhofsgebäude gegenüber dem Vergnügungspark und beschließe, den Tag schon einmal ganz hyggelig in der Kaffebar zu beginnen. In diesem kleinen und netten Café mit vielen Polstern und Kerzen finde ich es schon einmal sehr gemütlich.

Trotzdem visiere ich schon bald darauf mein erstes Ziel an: die Hippie-Republik Christiania, die 1971 ausgerufen worden ist. Hierbei handelt es sich um einen Freistaat mitten in Kopenhagen, in dem dessen eigene Gesetze gelten. Das kleine und bunt bemalte Häuschen neben dem Eingang der Hippie-Kolonie bietet mir bereits einen kleinen Vorgeschmack auf das, was mich drinnen erwartet. Eine kunstvolle Fantasiewelt ziert hier die Fassade: Eine Sphäre voll Elfen, Blumen, Pilzen und Bergen, zentral platziert steht ein mächtiger Baum, auf dessen Ast eine weibliche Fee ein zauberhaftes Getränk in den Händen hält und auch ein Drache fehlt nicht auf dieser wundersamen Abbildung.

Umso erstaunlicher finde ich es, dass ich bereits wenige Schritte nach dem Eingang auf die „Christiania Folkeaktie“ treffe. Hier sind die Volksaktien der Kommune käuflich zu erwerben und diese werden auf der Hauswand in sämtlichen Sprachen beworben. Kapitalismus und Hippie-Leben scheinen hier offenbar nicht im Widerspruch zueinander zu stehen.

Das Christianische Geschäftsleben zieht sich übrigens durch weite Teile des sonst so bunten Freistaates. Kunsthandwerk wird hier angeboten und selbstgezogenes Gemüse und Obstsorten. Irgendwann stoße ich auch auf den sogenannten „Green Light District“, neben dessen Eingang drei Schilder auf die hiesigen Benimmregeln verweisen: have fun, don’t run, no foto. Hier sind die Verkäufer vermummt und ziehen mit ihrer Ware typisches Klientel an. Irgendwie finde ich es hier drinnen nicht mehr ganz so hyggelig und ich beschließe die bunte Welt von Christiania wieder zu verlassen. Ein Holzbogen mit der Inschrift „You are now entering the EU“ führt mich wieder hinaus aus dem Hippie-Land. 

Urbane Rooftop-Ländlichkeit

Mein nächstes Ziel ist kulinarischer Natur und es handelt sich um einen Bauernhof, der sich auf dem Dach eines mehrstöckigen Gebäudes befindet. Etwas außerhalb des Zentrums von Kopenhagen befindet sich diese „Rooftop-Farm“, eine 600 m² große Gartenanlage mit dem Namen ØsterGRO und das gut besuchte Restaurant Stedsans. Man muss also nicht zwingend einen Bauernhof erwerben, um ländlicher Idylle zu frohlocken, es reicht ein Hausdach. Hat man es einmal hier herauf geschafft, erfreut man sich eines wundervollen Ausblicks und über die frisch geernteten Zutaten, die äußerst delikat serviert werden. Allerdings muss man zuerst die steile Wendeltreppe zum urbanen Paradies finden, die im Hinterhof etwas versteckt liegt und den Anstieg auf das Dach bewältigen. Kleiner Tipp: nur für schwindelfreie Genießer

Hier geht es zur Webseite: http://oestergro.dk/

Nyhavns Charme verfallen

Kulinarisch bestens versorgt spaziere ich weiter zum malerischen Nyhavn Kanal. Die entzückende Gegend mit all den alten Segelbooten, die am Kai verweilen, gilt als eines der beliebtesten Fotomotive der Stadt. Zu Recht, finde ich und der Charme des Viertels zieht mich sofort in seinen Bann. Übrigens soll hier der berühmte Dichter und Schriftsteller Hans Christian Andersen sein erstes Märchen verfasst haben. Ich genieße das abendliche Flair an der Promenade, bis mir das Atelier September in der Gothersgade 30 auffällt. Kunst und Kulinarik wird hier großgeschrieben. Wunderbar, um meinen Kopenhagen-Besuch hyggelig ausklingen zu lassen.

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